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 Lemonie: Trügerische Schönheit

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Tin
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Lemonie: Trügerische Schönheit Empty
BeitragThema: Lemonie: Trügerische Schönheit   Lemonie: Trügerische Schönheit EmptyFr Sep 18, 2009 4:26 pm

Trügerische Schönheit

Der Junge saß einfach nur auf der Bank und starrte den Mond an, so wie er es jede Nacht tat. Beziehungsweise jede Nacht, in der die runde Scheibe am Firmament zu sehen war. Er lauschte auf seinen Atem und schloss die Augen. In der Ferne bellte ein Hund.
Plötzlich hörte er Schritte. Es waren weibliche Schritte, das wusste er sofort. Denn der Junge kannte sich mit Mädchen aus, mit den Schuhen, die sie trugen, mit ihrer Schminke, ihren Frisuren. Aber das machte ihn höchstens cool, aber leider nicht glücklich
„Was tust du denn hier?“, fragte eine leise Stimme. „Musst du denn nicht im Bett sein?“
Der Junge riss erschrocken die Augen auf und wollte etwas sagen, klappte den Mund aber sofort wieder zu. Die Lippen, über die die Worte gekommen waren, sahen weich und rot aus, er erkannte sofort, dass sie noch nichteinmal Lippenstift trug. Ihre Augen waren himmelblau und strahlten im Mondlicht und im Schein der Straßenlaternen. Auf ihrer perfekten, markellosen, wunderschönen Haut entdeckte er keinen einzigen Pickel. Sanfte Wellen aus dunkelbraunem Haar umschlossen ihr Gesicht.
Sie war die Schönheit in Person. Ihre ganze Erscheinung strahlte so viel Eleganz und Energie aus, dass der Junge sich fragte, ob das Ganze nicht ein Traum war. Das konnte nicht die Realität sein. Oder?
„Und was machst du hier?“, fragte er lässig. „Hübsche Mädels wie du sollten nicht alleine nachts in der Stadt rumlaufen...“
Sie lächelte und dem Jungen stockte der Atem, als zwei Reihen wunderschöne weiße Zähne zum Vorschein kamen. War das wirklich real?
„Ich habe mich gefragt“, sagte das Mädchen mit ihrer leisen, wunderschönen Stimme, „ob du mich vielleicht nach Hause begleiten willst. Ich fürchte mich im Dunkeln, weißt du?“
Ohne zu überlegen nickte der Junge und sprang auf.
„Wohin“, fragte er?
Das Mädchen drehte sich um und winkte ihm mit der Hand. Er lief ihr hinterher, warf immer wieder Blicke nach allen Seiten. Er würde sie verteidigen, auch wenn es das Letzte war, was er tat.
Sie gingen in Richtung Stadtrand und waren irgendwann an den Feldern angekommen. Der Junge fragte sich, wo sie wohl wohnte. Hintereinander liefen sie den schmalen Feldweg entlang, und der Junge sah in der Dunkelheit nur ihre Silhouette. Aber das reichte. Sie war schlank, hatte eine perfekte Figur und bewegte sich wie ein Model. Was wollte er mehr?
Irgendwann wurden die Häuser am Wegrand immer spährlicher und der Junge fragte vorsichtig nach.
„Wir müssen über das Feld in den Nachbarort“, sagte sie. „Da wohne ich.“
Irgendwann – er wusste schon längst nicht mehr, wie weit sie schon gegangen waren – fragte er sich plötzlich, welchen Nachbarort sie meinte. Man musste über das Feld ziemlich weit gehen, um zum nächsten Ort zu kommen, da war der Bus einfacher. Auch um diese Uhrzeit fuhr zu jeder vollen Stunde ein Bus. Wieso hatte sie den nicht genommen?
Da drehte sich das Mädchen um und schenkte ihm ein Lächeln. Ihre Zähne blitzen im fahlen Mondlicht hell auf. Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden, als sie sprach.
„Gehst du immer nachts mit Fremden aufs Feld?“ Langsam wurde der Junge nervös. Er fragte sich, was sie meinen könnte.
„N... nur wenn sie so schön sind“, sagte er und versuchte ein schiefes Lächeln. Es klappte.
„Ich bin nicht schön“, sagte sie.
„Na klar. Du bist das Hübscheste Mädchen, dass ich kenne!“
„Was sagen die Leute immer?“, erwiderte sie. „Schönheit kommt von innen! Du hast dir die Hässlichste ausgesucht, die hier in der Gegend rumläuft.“
Plötzlich wurde dem Jungen eiskalt. Seine Hände zitterten und er grub die Fingernägel tief in das Fleisch, als er es begriff – das Mädchen war gefährlich.
Er drehte sich um und wollte rennen, als ihn eine Hand von hinten packte. Etwas kaltes, hartes lag an seiner Kehle.
„Ärgere dich nicht über dich selbst“, flüsterte das Mädchen. „Du bist bei Weitem nicht der erste Junge, der darauf hereinfällt.“ Dann lachte sie. Ein kaltes, freudloses Lachen, das nichts mehr von der Schönheit hatte, die ihn vorhin hinter ihr hergelockt hatte. Eine trügerische Schönheit.
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